Erstkommunion

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dass ein Ingenieur, bei dem man - zuweilen allerdings eben doch irrend - kühlste Sachlichkeit so voraussetzt, dass er vor lauter Inkonzilianz gewiss nicht leichtfertig sein Empfinden zeigt oder gar Frommes in den Mund - oder eben wie hier, in den Stift - nimmt, einem Jungen aus der Nachbarschaft zu dessen Erstkommunion die Geschichte des kleinen Jesus aufschreibt, hätte ich nicht für möglich gehalten. - Dass diese Geschichte denn dann auch noch ohne das geringste religiöse Geschwafel exakt den Kern bringt, theologisch einwandfrei ist, halte ich nun aber auch - mit Recht - für das Wunder. - - Benno Eich SJ / 7. Mai 2000


Lieber Simon,
zu Deiner ersten sakramentalen Kommunionfeier wünschen wir Dir Gottes Segen und Freude und viel Glück. Als kleines Geschenk zur Erinnerung an diesen Tag haben wir Dir ein kurzes Buch geschrieben, auch weil Du Simon heißt wie der Jünger, dem Jesus den Beinamen »Petrus« = »Fels« gegeben hat. Das Schöne an solch einem Buchgeschenk ist, daß man es immer wieder verschenken kann, ohne es dem ersten wegzunehmen - wie das Wort Gottes -. Du bist jedenfalls der erste, dem wir es geschrieben haben.

Mit herzlichen Grüßen an Dich,
Deine Eltern und Deinen Bruder
Bernhard Böhmer und Sieglinde Böhmer-Maus



Jesus Christus

der Junge aus Nazaret,
der Gottes Sohn ist


erzählt für
Simon Hellenbrand
zum Tag seiner
Ersten Heiligen Kommunion
am 30. April 2000


Mit zwölf Jahren diskutierte Jesus im Tempel mit den Lehrern. Alle staunten über seine Weisheit. Er hatte ja keine Schule besucht, von keinem Abschluss an einer Schule wird erzählt.

Es gab auch gar keine Schule, wie wir sie kennen, in seinem Dorf. Die Kinder lernten das für sie Wichtige von den Eltern, Onkeln und Tanten und den übrigen Erwachsenen im Dorf. So konnte Jesus bei seinem Vater lernen, wie man als Handwerker Teile für Wohnung und Stall produzierte. Vielleicht durften sie auch an den Bauwerken des Königs oder der Römer in der nahen Stadt mitarbeiten.

Bei einem älteren Vetter lernte er, was man wissen musste, wenn man die Schafe hüten wollte, auf fetten Weideplätzen oder auf spärlichen Wiesen. Du musst gerade nachts hellwach sein, besonders gut hören können und gut unterscheiden, ob sich ein Freund oder etwa ein wildes Tier nähert, vor dem du deine Schafe schützen willst. Du hast eine große Verantwortung: Die Herde ist der Reichtum der ganzen Familie. Alle lieben die Tiere. Der Verlust wäre eine Katastrophe. Ohne die Tiere gäbe es nicht immer genug zu essen.

Jesus erinnerte sich nicht mehr an viele Dinge aus der Zeit, als er vier oder fünf Jahre alt war, aber ein Ereignis ist ihm von damals noch im Gedächtnis, als wäre es gestern gewesen.

Seine Mutter erzählte ihm später, dass zu der Zeit eine Hungersnot in ganz Israel herrschte. Es war viele Jahre zu trocken gewesen, und die Ernten waren zu dürftig. Auch die wilden Tiere litten Hunger und Durst. Einzelne dieser vor lauter Hunger besonders wilden Tiere kamen und versuchten etwas Fressbares zu ergattern.

Dann kam der Tag, an dem der kleine Junge die ungeheure Aufregung miterlebte, die alle Erwachsenen erfaßt hatte. Alle waren zornig, voller Angst und planloser Aufregung gewesen. Nur langsam erfuhr er den Grund: Die halbe Herde war versprengt und viele Tiere gerissen worden.

Ein Trupp Schakale oder Wölfe war in der Morgendämmerung in die Herde eingebrochen und hatte diese Katastrophe über ihr Dorf gebracht. Alle wussten, dass sie jetzt noch mehr hungern mussten. Zwar würden sie, so Gott will, die Herde wieder mehren, aber das würde seine Zeit dauern, in der sie kaum ein Tier schlachten dürften.

Eine weitere Erinnerung aus dieser Zeit machte den Jungen immer froh, wenn er daran zurück dachte. Es war die Erinnerung an die Hilfe untereinander bei den wenigen Familien in ihrem kleinen Dorf. Sicher, sie hatten schon immer enge Freundschaften und gutes Vertragen miteinander gehabt. Jesus fühlte sich überall im Dorf gut angenommen.

Aber nach der Katastrophe mit der Herde war es noch etwas anderes. Alle halfen sich gegenseitig noch stärker und sprachen sich Mut zu. Alle sprachen dabei auch häufiger von Jahwe – Gott – als sonst. Nicht nur, dass sie wie üblich ihre jüdischen Gesetze hielten und täglich Gebete sprachen; nein, Jesus hörte viele im Dorf, die er lieb hatte, sagen, dass Gott sie nicht zuschanden werden lasse und sie sein auserwähltes Volk seien und blieben.

Zuerst konnte er natürlich noch nicht viel damit anfangen. Aber schon als kleiner Junge und mit zunehmendem Alter immer mehr fühlte Jesus sich zu den Menschen hingezogen, die Gott besonders verehrten und über ihn durch seine Propheten zu berichten wussten.

Seine Mutter und sein Vater, Maria und Josef, hatten ihm auch viel von dem einen Gott erzählt, den die Juden tief verehren, den sie als ihren Gott anbeten. Die zwölf Stämme Israels sahen sich als auserwähltes Volk dieses Gottes. Dass sie Gottes auserwähltes Volk sind, leiten sie von Abraham, Moses und vielen Propheten ab. Diese hatten nämlich seit Urväter Zeiten Botschaften empfangen und verkündet, die nur von diesem einen Gott herkommen konnten. Abraham hörte auf Gottes Stimme, seinen Sohn Isaak weder zu vergöttern, noch ihn umgekehrt seinem Gott als Schlachtopfer darzubringen.

Abraham verkündete seinem Stamm den einzigen Gott, der ihm das gesegnete Land verheißen hat, der völlig unvergleichlich war zu dem, was die anderen Stämme ringsherum Götter nannten. Mose verkündete von dem einen Gott, dass er die Welt so gut macht, dass die Menschen (wie in den zehn Geboten niedergeschrieben) Gott und die Mitmenschen lieben und verehren können.

Jesaja verkündete, dass der Geist des Herrn auf ihm sei und ihn gesandt habe, den Elenden die gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit - und noch mehr.

Von vielen weiteren Propheten erzählten die Hirten und Handwerker im Dorf, die Verwandten und Bekannten, nachts an den Lagerfeuern, in der Mittagshitze im Schatten eines Baumes oder im Winter in den Höhlen, wenn draußen das Vieh angebunden war und etwas Wärme spendete.

Jesus fand die Erzählungen ungeheuer spannend, seine Wangen glühten, besonders wenn einer erzählte, wie Leute seines Volkes Unrecht taten, andere ermordeten, Kriege führten, Frauen entehrten, stahlen. Es empörte ihn, weil er fühlte, dass doch gerade Leute des auserwählten Volkes so etwas gar nicht nötig gehabt hätten.

Leute der Nachbarvölker, die sich Statuen aufstellten und meinten, es seien Götter,
handelten da oft viel menschlicher und großherziger. Jesus fühlte sich diesen Heiden dann viel näher als seinen Verwandten und Vorfahren, erst recht wenn sie Verbrechen begingen. Aber so etwas durfte er den meisten Leuten im Dorf natürlich nicht sagen.

Sie wurden böse und meinten, er sei ein Nestbeschmutzer. Nur seiner Mutter und manchmal auch Josef, seinem Vater, konnte er solche überraschenden Dinge sagen. Seine Mutter bestätigte und ermunterte ihn. Wenn sie ihn abends zu Bett brachte, löcherte er sie manchmal mit Fragen, und nach ihren geduldigen Antworten war er so aufgewühlt, dass er die halbe Nacht nicht schlafen konnte. Am nächsten Morgen kam er dann nicht so frisch und fröhlich wie sonst von seinem Lager, aber er ertrug mannhaft den Spott seines Vaters und seiner Brüder, die ihn als Schlafmütze und Weichling bezeichneten.

Maria, seine Mutter, aber hielt zu ihm. Sie ahnte, welch ein Spross da heranwuchs, und wusste aus seinen Fragen heraus schon, dass er etwas Besonderes, ein Auserwählter war.

Immer wieder fragte er, wie man sich den Gott der Bibel, von dem alle sprachen, denn vorstellen könne. Von einer Feuersäule war die Rede gewesen, aber die Stimme war von dahinter gekommen. Gut, die Heiden, die Stämme ringsum hatten Götterbilder, beteten zu Sonne und Mond. Langsam begriff Jesus, was die Juden über den einen Gott sagten: Man kann sich kein Bild von ihm machen. Seine Mutter sagte, Gott sei unüberbietbar und die Menschen könnten sich etwas noch so großes ausdenken, Gott sei noch größer.

Jesus erschauderte vor diesem Gott immer häufiger, der ihm so unnahbar begegnete. Der konnte dann ja auch gar nicht zu den Propheten gesprochen haben, dachte er. Kein Mensch könne ihn je begreifen, geschweige sprechen sehen. War denn alles Schwindel?

Es war sehr verwirrend und konnte einen Jungen schon schwindelig machen, der sich so viel damit beschäftigte. Jesus wusste aber, dass die Botschaften der Propheten und seines ganzen Volkes nicht gelogen waren, sondern wahr und die Menschen sehr froh machten. Man musste nur oft hinter die Geschichten schauen.

Wie bei den Geschichten von Großvater Jakob und anderen Märchenerzählern im Dorf. Die konnten einem wunderbare Dinge ganz eindringlich sagen, obwohl den Bildern nach, die sie dabei gebrauchten, viele Zuhörer von Schwindel und Lüge sprachen. Hatte er nicht bei den Erzählungen über und von den Propheten immer wieder vom Geist Gottes gehört? Die Propheten sprachen im Geist Gottes. Gott, der alles erschafft, von dem wir uns daher kein Bild machen können, hat seinen Geist in dieser Schöpfung, in uns also. Gott selbst spricht natürlich nicht wie ein Mensch in die Welt, aber Menschen sprechen in seinem Geist, in seinem die ganze Schöpfung durchtränkenden Geist in die Welt.

Als Jesus zum Mann herangewachsen war, wurde ihm mit Schrecken bewusst, dass er der erste Mensch war, dem im Geiste Gottes, in Kenntnis aller Verkündigungen der Propheten ganz klar war, dass Gott sich seines Mundes bedienen würde. Er würde allen Menschen, allen Völkern, die gute Botschaft bringen:

Der unüberbietbare Gott liebt alle Menschen unüberbietbar.

Er bedient sich mit Wort und Tat der Menschen, um dies aufzudecken. Jesus war der erste. Er erkannte, dass Gott sein wirklicher Vater ist, dass er in seinem Heiligen Geist niemals sündigen muss. Er war so aufgewühlt, dass er 40 Tage lang in die Wüste ging, um zu prüfen, ob das nicht doch alles nur eine Einbildung war.

Es ist die Wahrheit, Jesus Christus ist der erste, und alle anderen Christen verkünden im Geist des Vaters nichts anderes, sondern dasselbe wie Christus Jesus. – Auch Du.


Bernhard J. Böhmer
(arbeitet als Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. in der Nähe Aachens)