14. Sonntag im Jk – Lesejahr A

gehalten in St. Peter zu Köln am 5. Juli 1987

Röm 8, 9. 11 -13 Mt 11, 25 -30

An den heutigen Mt-Text habe ich drei Fragen:


1.Darf man Menschen testen?
2.Darf man Gott testen?
3.Können wir uns dem Test entziehen?

 

1. Darf man Menschen testen? - Wahrscheinlich verstehen Sie diese Frage so: Ist es wohl erlaubt, einen Menschen daraufhin zu prüfen, ob er sich zum Piloten eignet. Es gibt doch viele, die sich einem Eignungstest unterziehen. Und viele, die sich auf eigene Kosten nach Jahren im Beruf, der ihnen auf einmal keine Freude mehr macht, umschulen lassen. Wer hat sich vom Arzt noch nie Blut entnehmen lassen? Aber so habe ich die Frage nicht gemeint.

Denn selbstverständlich darf ich einen Menschen daraufhin anschauen, ob er für dies oder jenes geeignet ist. Sonst wäre jede demokratische Wahl bei uns erst recht eine fragliche Sache. Erst recht, wenn der Prüfling mit dem Test einverstanden ist, also darum weiß darf man untersuchen, ob er in bezug auf jenes oder dieses geeignet ist.

Darf man einen Menschen aber, und zwar ohne daß er es merkt, auf seine Menschlichkeit hin testen? Ich weiß darauf keine Antwort. In der entsprechenden Moraltheologievorlesung könnte ich geschlafen haben.

Aber ich habe es getan - in der vergangenen Woche. Ich habe dabei ein gutes Gewissen, weil ich es nachträglich erst bei der Vorbereitung dieser Predigt erst merkte. Künftig werde ich vorsichtiger sein.

Stellen wir uns vor, da ist einer, der gilt auf einem Gebiet als unumschränkt anerkannte Autorität. Wer sollte auf diesem Sektor schon kompetenter sein?! - Fragen wir ihn nun, und er antwortet mit Ja oder Nein, ist das die eine Sache. Antwortet er aber mit Nein oder Ja und fügt hinzu: "Am besten fragen Sie noch diesen und jenen!" ist das eine ganz andere Sache und stellt seine Menschlichkeit unter Beweis:

Er weiß zwar auch, daß er ein As ist, aber er geht trotzdem davon aus, daß ihm etwas entgangen sein könnte, daß andere etwas wissen und können, das er noch lernen kann. Der Mensch verfehlt nur dann seine Menschlichkeit nicht, wenn er sein dialogisches Selbstverständnis auch lebt: des Menschen menschlichste Handlungsweise ist die Dankbarkeit.

Mit den "Weisen und Klugen" in unserem Text sind solche Menschen gemeint, die sich einbilden, alles zu beherrschen, nichts mehr von anderen annehmen zu brauchen, alles zu haben. - Solche Menschen haben ihre Ohren verstopft. Sie wird das Evangelium nicht erreichen, denn das kommt ausschließlich vom Hören auf andere: Der begrenzte Mensch kann an der begrenzten Welt nicht ablesen, daß er unbegrenzt geliebt ist. Um das zu erkennen, bedarf es der Menschwerdung Gottes: Grenzenlos geliebt zu sein, muß Er schon selbst dem Menschen sagen. Nur glaubbar ist dieses Wort, das mit Gott selbst identisch ist. In diesem Wort wird den Menschen Gott selbst geschenkt.

2. Darf man Gott testen?

Alles ist Jesus von seinem Vater übergeben worden, alles. - Alles hat er uns übergeben, alles: es kommt nichts mehr. Dasselbe (!) glauben wir, was unsere verstorbenen Altvorderen sehen. Qualitativ steht nichts mehr aus. Prüfen wir Verkündigung genau daran, daß von uns nichts abhängt. Das Heil ist uns bereits ganz geschenkt, der ganze Vater ganz bekannt.

Wir haben es anders als in den Religionen nicht mit einer Willensoffenbarung zu tun, sondern mit der einen Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus: Der "Vater" ist nicht nur Schöpfer der Welt, das wußten wir beweisbar vor Jesus schon, sondern er ist laut Jesus von Nazaret der seine Schöpfung jederzeit göttlich liebende Vater.

Diese Wahrheit über die Gesamtwirklichkeit, über den Schöpfer der Welt, die Schöpfung und das Verhältnis Gottes zur Welt, den Heiligen Geist, nennt Jesus "alles".

"Alles" entmachtet alles Böse. Denn gegen "Alles" kommt nichts an. Allen soll "Alles" bekannt werden; das ist alles, was "Alles" will. - "Alles" hat keinen Test zu scheuen. Im Gegenteil: "Alles" will allen gesagt sein, in allen Situationen des Lebens getestet sein, in guten und schlechten Tagen. Testen wir alle "Alles"!

3. Können wir uns dem Test entziehen?

Auch dann, wenn wir Christus ablehnen, auch dann, wenn wir nicht glauben, uns Gottes unbegrenzte Güte nicht gefallen lassen, ist es immer noch Er, der die Richtung bestimmt. Er läßt nicht zu, daß Verfolger die Richtung bestimmen.

All den Göttern, die es nicht gibt, ist es möglich, ab und zu einfach nicht zuzuhören, wenn sie angerufen werden. Unserem Gott ist das nicht möglich. Rufen wir Christus an, hören Gott Vater und Sein Geist zu. Richtet sich unser Geist in aller Verzweiflung an den aus allem befreienden Heiligen Geist, sind Gott Vater und Christus längst aktiv.

Verlassen wir uns auf unseren allzeit gütigen Vater, lassen uns auch Sein Sohn und Sein Geist nicht. - Es sind wahre Helfer, die sich nach der Not der anderen richten und nicht auf einen unsinnigen Richtungswechsel warten.

Christus "kennt" eben den Vater, der Vater "kennt" eben den Sohn. Wir "kennen" Vater und Sohn, weil wir mitten in diesem "Erkennen", mitten in diesem Heiligen Geist uns selbst "erkennen": leben.

Wir sind keine Gegenüber Gottes, so daß er mal weg hören könnte.

In unserem Flehen erkennt der Vater die Stimme Seines Sohnes; Der hat Ihn uns offenbart. Es ist Sein Geist, der unserem eingibt, worum zu bitten und was vor den Gerichten der Welt zu sagen ist, damit sie uns nicht zum Gericht werden. Es ist Christi Werk, in dem wir geschaffen sind, wenn wir den Vater ehren.

Auch wenn wir uns der unbegrenzten Liebe des Vaters verweigern, ist Er es, der uns dazu keinen Grund finden läßt.

Die Götter der Religionen, die es nicht gibt, entziehen sich dagegen unserem Flehen, wenn wir es nötig haben, weil wir versagten. Sie hören einfach nicht zu, weil sie das Leid nicht ertragen. Sie sind so zuverlässig wie wir: sie sind entbehrlich. Und haben sich auch schon so gemacht. Denn auch ihre Mediokrität ist reziprok. Können wir uns also dem Test der unüberbietbaren Liebe entziehen?
Nur ohne Grund. Wir bleiben die nach einem Grund Gefragten. Eine Antwort nicht zu geben, die man kennt, ist unmenschlich. Wir verstellen uns und erkennen das, wenn wir nicht glauben, obwohl wir es können, weil wir ihn kennen. Gott sorgt, er sorgt, daß wir zwar gottlos werden können, aber nicht Gott loswerden können. Er offenbart uns das, weil wir uns von den "Klugen und Weisen" Tempo und Richtung angeben lassen. Gelassen wollen wir leben, indem wir uns leben lassen von Ihm in ihnen.