Der Rote Faden
durch den
Gottesdienst

Das Schlüsseletui
und das Ehehindernis

 

Homilie
… nur im Heft zur Feier abgedruckt, nicht gehalten.
Die gehaltene Predigt folgt unter diesem Text:
»Links von mir …«

Gott - nicht der der Atheisten, ein Produzent unter anderen, am Anfang, sondern der der Bibel, der Schöpfer: im Anfang. Er ist der, ohne wen nichts ist: er ist in allem mächtig. - »Aus dem Nichts geschaffen« meint, daß alles unter jeder Hinsicht ohne Gott nicht ist: zieht man vom Stuhl das Produziertsein ab, hat man ein Brett, zieht man das Geschaffensein ab, ist der Stuhl verschwunden, ein Brett gibt es auch nicht mehr.

Dieser Gott ist beweisbar - nicht nach den falschen Gottesbeweisen des Mittelalters, die meinten, aus dem Vorhandensein der Welt auf Gott als Urheber schließen zu können - als hätten wir ein Gott und Welt übergreifendes Denkvermögen, sondern tatsächlich und unwiderleglich.

Der Gott Jesu und der Christen besitzt sich als Vater, als Sohn und als die unendliche Liebe dieser beiden Selbstbesitze Gottes zueinander: der dritte Selbstbesitz, Heiliger Geist. - Gott ist dreifaltig.

Christus, der Sohn Gottes, ist des Vaters Wort: Die Menschen sind und leben nicht Gott gegenüber, wie das Verhältnis zwischen Produkten und ihrem Produzenten ist; alle Menschen sind von ihrem Anfang an aufgenommen in diese unüberbietbare Liebe, den Heiligen Geist. - Wer das sagt - in Zeit und Raum, bringt Christus zur Welt.

Das gern zu hören, am Vaterverhältnis Jesu Anteil zu haben, nicht mehr aus der Angst um sich leben zu müssen, heißt glauben im Sinn Jesu.

Es gibt keine zweite Information,
· der man sich ebenfalls nur willkürlich entziehen kann, ohne Angabe eines Grundes
· die auch verständlich wäre als mit einer Person identisch
· die ebenfalls nur glaubbar ist, in seiner Erscheinung historisch faßbar wie Jesus, in seiner Glaubwürdigkeit nur glaubbar wie Christus

Nach offizieller Lehre der röm.-kath. Kirche besteht kein Unterschied zwischen evangelischen Christen und katholischen: II. Vatikanum, 1963 - 65, z. B. Lumen gentium Nr. 15: Zwischen allen, die [an] Jesus Christus glauben, besteht eine wahre Verbindung im Heiligen Geist. - Mehr dürfte der Papst auch nicht haben!

Dieses Wort unbedingten Geliebtseins kann man
· sagen - Gebet, Predigt
und man kann es
· tun - zum Zeichen des angenommenen Glaubens: »Tut das zu meinem Gedächtnis!«

Als Tun wird das Wort Sakrament genannt. -
Das Abendmahl z. B., ein Tun des Wortes: »So wie ich diese Nahrung gern in mich aufnehme, will ich gern von Gottes unendlicher Liebe erfüllt sein.«

Das Ehesakrament - nach Martin Luther ein »weltlich Ding« - ist ebenfalls ein vom Wort Gottes her gedeutetes Tun wie Essen und Trinken - siehe oben - und z. B. Duschen (»Wie ich tatsächlich das Wasser an mich heranlasse und nicht mit dem Schirm unter die Dusche gehe, so will ich gern umgeben sein von Gottes über jedes irdische Maß hinausgehenden Liebe« - die Taufe.)

Ehe
Bernd mag denken: »Wie ich mit zwei Koffern in jeder Hand, einem Rucksack aufgeschnallt, noch zwei Mappen unter den Armen und dem Autoschlüsseletui zwischen den Zähnen Adelheid noch mit dem Knie die Tür aufhalte - ein weltlich Ding - so will ich ihr grundsätzlich den Weg bahnen, das Wort Gottes zu sehen.« -
Mag Adelheid ein Fenster putzen: »Wie ich hier für klare Sicht sorge, will ich besonders Bernd die Sicht auf Gottes Wort nicht versperren -- das uns zwar die Angst nie nimmt, aber die Angst vor der Angst.«
Nichts anderes macht uns grundsätzlich »angstbereit« (R. Bultmann).

Mehr gibt es im Christentum nicht zu sagen. - Alles was durch die lange Kirchengeschichte bedingt, anders klingt, geht hierauf zurück oder ist Reden und Tun im Unverstand.

Der »Rote Faden« durch jeden christlichen Gottesdienst
Ein Kind will lieb sein und - nicht am Kuchen naschen -
es hat es dann doch getan, die Mutti merkt es und schaut das Kleine gütig an. -

Der »Rote Faden«
1 Es tut mir leid!
2 Ich will es nicht wieder tun!
Die Mutter: Es ist alles wieder gut!
3 Danke, Mutti!

Das Abendmahl hat dieselbe Struktur, jeder christliche Gottesdienst ist von dieser Logik.

Der »Rote Faden« durch die Eucharistie
1 Tagesgebet: Wir hätten dies und das tun können, wir waren zu bequem.
2 Gabengebet: Wir fassen neue Pläne!
Nehmet und esset - Ihr könnt mich wieder »zum Fressen gern haben!«
3 Schlußgebet: Hilf uns zu denken, wir danken!

 

Die gehaltene Predigt
»Links von mir«

einer der ersten Päpste, der nämlich, der die Stadt Rom in sieben Bezirke aufteilte. Rechts von mir auch ein heiliger Fabian, der nämlich, für dessen Taufe wir schon viel vorbereiteten; er starb drei Monate vorher und hört hier bestens zu.

Die beiden sind heute berufen, liebe Adelheid, bester Bernd, euch zu Beginn der Predigt anzusprechen, und auch all Eure Freunde und Gäste einzuladen, auf das Wort der Predigt gut Acht zu geben, deren Wahrheit sie bezeugen. - Eine Predigt, die diesen Namen verdient, ist Gottes Wort, Christus selbst; und ihn sagen uns nachdrücklich auch sie.

Auf der Titelseite unseres Heftes zu dieser Feier steht nicht Gottesdienst, sondern Gottes Dienst anlässlich Eurer Trauung. Diese Formulierung umfasst alles, was uns Christen von den Menschen der Religionen unterscheidet. Sie versuchen, wachen und aufrichtigen Herzens Gott zu dienen, damit er ihnen gnädig sei. Im Glauben Jesu dient Gott uns. In der Gestalt dieses oder jenes Christen begegnet er uns immer wieder, kniend vor uns, uns anzuflehen: »Lasst euch mit mir versöhnen (vgl. 2 Kor 5,20)!«

Unser Gottesdienst besteht darin, Gottes bedingungslose Liebe zu den Menschen in großer Freude anzunehmen.

Was es in keiner Religion gibt, das gibt es bei uns. Menschen der Religionen, und das Christentum war nie eine und wird nie eine sein, Menschen der Religionen handeln allenfalls im Auftrag Gottes. Ihren Auftrag haben sie nicht von Geburt, und er kann ihnen auch jederzeit wieder entzogen werden. Wir Christen dagegen handeln nie im Auftrag des dreifaltigen Gottes; Gottes Dienst an uns begannen wir eben im Namen Gottes.

Dieses Verhältnis Gottes zu uns lässt keine Steigerung zu: ein jeder ist ein alter, ein anderer Christus. Christus Adelheid, Christus Bernd, Christus Fabian - ein anderer Christus, seit der Zeugung und über den Tod hinaus. - Es geht nur noch darum, in Freude auch anzunehmen, was wir in den Augen Gottes sind. Ihr beide wollt künftig in einer christlichen Ehe anzunehmen versuchen, was ihr seit langem seid.

Es wird niemanden verwundern, wenn ihr dabei von guten Wünschen begleitet werdet, lebt die Ehe doch von der Qualität der Liebe, und ihr habt erkannt, dass Gottes unendliche Liebe, auch die zu euch, von göttlicher Qualität und durch Gott selbst nicht zu steigern ist. - Alle scheinen sich hier sicher zu sein, Eure Ehe mit guten Wünschen von Anfang an begleiten zu können. - Wir werden sehen, ob eine christliche Ehe, wie ihr sie plant, zustandekommen kann.

Es ist für uns Priester immer besonders schön, wenn wir bei jungen Paaren im Auftrag und im Namen der Kirchen Jesu Christi dabei sein dürfen, bei Brautleuten, die sich das Ehesakrament spenden, es ist immer dann besonders nahe gehend, wenn wir die jungen Leute seit langem kennen.

Und so war auch neulich einer meiner Amtsbrüder ganz ergriffen und ganz bei der Sache. Anschließend, im Gasthaus vor dem Dorf, wurde er bei Kaffee und Kuchen von einem Trauzeugen gefragt, warum er die Befragung der beiden Brautleute ausgelassen habe. - Ohne das zweimalige feierliche »Ja« kenne er die Feier gar nicht.

Mein Kollege wurde bleich und bleicher, wusste sich aber bald und beherzt zu helfen. Er bat die beiden Zeugen und das Brautpaar diskret ins Nebenzimmer und holte die Befragung nach und die Ja-Worte ein. In großer Erleichterung schmeckte der Kuchen dann doppelt gut.

Das Gasthaus samt Nebenzimmer gehört zur Nachbarpfarrei, dort war unser Pechvogel nicht zuständig. Dem Pfarrer fehlte jegliche Erlaubnis, und die Ehe ist nicht zustandegekommen. - Ich erzähle das, weil ich vermute, dass auch hier und bei uns heute ein unüberwindliches Ehehindernis vorliegt.

Wenn ich mich nicht irre, legte unser Ehehindernis der heilige Paulus schon den Leuten in seiner Pfarrei in Galatien klar: »Ihr seid also Kinder Gottes, weil ihr durch das Vertrauen mit Jesus Christus verbunden seid. Als ihr auf den Namen Christi getauft wurdet, seid ihr mit Christus eins geworden. Es hat darum nichts mehr zu sagen, ob einer Jude ist oder Nichtjude, ob er Sklave ist oder frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle zusammen ein einziger Mensch geworden (vgl. Gal 3,26ff).«

Ihr werdet mir zustimmen, Adelheid und Bernd, dass bei solchen Zuständen eine Ehe besser gar nicht erst versucht wird. Gehören doch zu einer Ehe seit altersher zwei. -

Komm, Tobias (der achtjährige Ministrant), wir gehen!

 

Diese Tonbandabschrift
erfolgte bereits in Fabians Schreibweise