Ist Stephanus nun der erste Martyrer, oder ist er neben Jesus der zweite?!

Stephanus

Wort Gottes - Glaube -
Predigt - Dogma - Kirche - Absolutionsformel -
Versöhnung - Heiliger Geist

 

Am heutigen zweiten Weihnachtstag steht neben der Krippe bereits das Kreuz. Den provokativen Charakter dieses Stephanus-Festes durch einige Weihnachtslieder, die nur gefühlsbetont sind, zu ersticken, ist nicht im Sinn derer, die das Fest einführten. Im ersten Teil der Predigt Gedanken, die einem kommen, wenn man die Geschichte unseres Stephanus-Festes bedenkt.

Neulich las ich in Empfehlungen hochkarätiger Redenschreiber, dass man mit Negativbotschaften sehr behutsam umgehen solle. Bei Negativ-Sätzen wird sehr häufig das Gegenteil verstanden. Eine Negativ-Anweisung verstehen - wie z.B. »Rasen betreten verboten« - heißt automatisch, das Verbotene vor Augen zu haben - statt der Sache, um die es gehen soll! Erst bei »Bitte die Wege benutzen!« haben Sie diese vor Augen. - Noch ein Beispiel. Bitte versuchen Sie einmal, folgende Anweisung auszuführen: »Denken Sie jetzt bitte keinesfalls an eine weiße Maus!« - Natürlich kann man ganz entsprechend Negativbotschaften sehr sinnvoll verwenden. Damit sich etwas nachdrücklich einprägt.

Jesus von Nazaret ist kein Religionsstifter. Das Christentum ist keine Religion. Das Wort »Religionsunterricht« ist aber meist sehr angebracht für das, was dort in der Regel geschieht, völlig unzutreffend aber für das, was dort zu tun ist! Jesus predigte das Gegenteil jeder Religion. Sein Wort ist dieses: Ihr seid im Himmel. Ihr braucht Euch keinen zukünftigen zu verdienen. Es bedarf keiner guten Werke, um von Gott ganz und gar angenommen zu werden. Er liebt bedingungslos, er liebt unbegrenzt.

Euch bleibt nur, diese grenzenlose Liebe, diese unüberbietbare Gemeinschaft auch anzunehmen, Euch gefallen zu lassen mit der ganzen Person, das heißt zu glauben. In der Absolutionsformel, die Sie seit dem 1.1.1975 aus dem Beichtstuhl gewohnt sind, klingt das so, dass Jesus diese Predigt hat und keine andere, diese Predigt und keine zweite: »Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt ...« - Wenn man versteht, dass Auferstehung das Wort ist, das über den Tod die Aussage macht, dass er tot ist, dann zeigt diese Formel, dass Jesus wirklich nur dies getan hat: Er hat aufgedeckt, was ist: Unüberbietbare Gemeinschaft mit Gott ist jedermann geschenkt, eine solche Gemeinschaft, gegen die nichts und niemand ankann.

Auch das zweite »und« in dieser Formel: »versöhnt und den Heiligen Geist gesandt« ist ein unechtes »und«, keines, das wirklich etwas addiert, denn mit Gott versöhnt sein und an der Stelle unseres unzureichenden menschlichen Geistes den Heiligen Geist haben, das ist ein und dasselbe. - Noch einmal das eine einzige, um das es Jesus geht, mit anderen Worten: Bei den Juden ausdrücklich und in jeder anderen Religion in abgewandelten Worten geht es um die Auferstehung der Toten. Einiger also, derer, die schön lieb sind.

Im Neuen Testament finden Sie diesen Ausdruck nicht. Dort steht Auferstehung von den Toten, d.h. das Leben aller, bedingungslos geschenkt. - Keine Auferstehung der Verstorbenen, sondern das unüberbietbare Leben seit Zeugung und Geburt. Das Zur-Erscheinung-Kommen dieses Wortes Gottes unendlicher Menschenfreundlichkeit in Zeit und Raum (»leibhaftig« nennt das die Kirche) haben wir gestern gefeiert. -

Auf Leo den Großen (440 - 461) geht nun die Idee zurück, unmittelbar neben dieses Geburtsfest des Hauptes, neben den Geburtstag Christi, auch das Fest des Ursprungs des Leibes Christi, also der Kirche, zu setzen. - Sofort soll auf das Fest des Wortes das Fest des Glaubens folgen; die Frage, die das Wort auslöst: »Was hat Gottes unbedingte Liebe denn mit mir zu tun?« soll sofort beantwortet werden. Gottes Frage: »Willst Du unüberbietbar geliebt sein?!« will die Kirche nicht ohne Antwort lassen. - Darum sollen sofort neben die Bäume, die sichtbaren Christbäume, die Schüsseln unsichtbaren roten Blutes gerückt werden, die ich in keiner Stephanus-Predigt auslasse.

Als Repräsentanten für diese Antwort wurden ausgewählt: Zuerst Stephanus, der erste Martyrer, morgen dann Petrus, Jakobus und Johannes als »Säulen« der Urkirche (vgl. Gal 2, 9) unter den Juden. Übermorgen das Fest des Heiligen Paulus, des Repräsentanten der Heidenmission. - Diese Auswahl traf schon Gregor von Nyssa (334 - 394), ein schon deshalb gelehrter Kirchenvater.

Ein zweiter Predigtteil soll sich noch kurz mit den Worten des ersten Blutzeugen befassen. - Stephanus war zu bescheiden, um in einem der vier Evangelien Platz zu finden. Er steht nur in der Apostelgeschichte. Nur natürlich nur im Sinn von ausschließlich. Denn wir stehen da immerhin auch drin! »Stephanus sah den Himmel offen!«

Wir freuen uns nicht als Christen, wenn wir durch Mikroskope schauen oder durch die Berliner Mauer und neuerdings durchs Brandenburger Tor. Als Christen freuen wir uns, wenn wir den Himmel offen sehen: Zur Rechten von uns Gottvater, zur Linken Gottes Sohn und uns mitten darin, im Heiligen Geist, den kein kümmerlicher menschlicher Geist widerlegen kann. Nicht einmal einen Grund zur Ablehnung dieses alle Angst des Menschen entmachtenden Geistes findet der Mensch.

»Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!«

Wir sind bei diesem Wort klug beraten, wenn wir es im Sinn des Heiligen Lukas hören, der die Apostelgeschichte schrieb. Er wird dieses Wort erfunden haben. Es ist eine Antwort. Christen sind Beter, Beter sprechen nicht, Beter antworten. Christen sind die Menschen, die Kenntnis davon haben, in all ihrem Bemühen um Menschlichkeit Gott auf seine Menschwerdung zu antworten.

Dem sterbenden Jesus - der Sohn Gottes wird doch wohl das Abendgebet (aller Juden) nicht vergessen! - legte man diese Worte in den Mund: »Vater, in Deine Hände ...« - »Vater, unendlich gütiger Vater!« Das ist die Predigt! Jesus predigt am Kreuz! - Stephanus nun sagt nicht: »Vater!« Stephanus predigt nicht, es sei denn, man versteht seine Worte als indirekte Predigt.

Stephanus sagt: »Herr Jesus!« Und das ist so gemeint: Die Worte, dass unser Vater der immer gütige Vater ist, diese Worte sind Gott. Der Geist der Predigt Jesu ist Christus, der Herr. -

Unsere Antwort auf die Predigt ist dieses Bekenntnis: Herr ist Jesus, Der Gesalbte ist Jesus, Der Heiland der Welt ist Jesus.

Amen
Das Weitere findet sich!


Apg 6, 8 - 10; 7, 54 - 60 Mt 10, 17 - 22