Liebe will erkannt werden

Gott, der unendlich liebt, will, dass er als ein solcher erkannt wird: dass gepredigt wird. - Gott will, dass gepredigt wird - sonst nichts!

Gott will, dass seine grenzenlose Liebe bekannt wird, dass wir den unseren Herrn nennen, der es ist

 

1 Korinther 12
3b Und niemand kann Jesus den Herrn nennen außer durch den heiligen Geist.
4 Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist.
5 Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr.
6 Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.
7 In einem jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller;
12 Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus.
13 Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt.



Gott braucht Christen. Mit Menschen kann er nichts anfangen, fast nichts, er braucht Christen. »Das ist der Wille Gottes – unsere Heiligung« (vgl. 1 Thess 4,3). Es ist der Wille Gottes, sein einziger, daß seine unbegrenzte Güte zu jedem Geschöpf bekannt werde, damit aus Menschen Christen werden können. Es ist der Wille Gottes, sein einziger, daß wir die Heiligung, die er uns durch seinen Sohn anbietet, annehmen. Es ist der Wille Gottes, sein einziger, daß wir das Heil, in dem wir leben, die unendliche Liebe zwischen ihm und dem Sohn, den Heiligen Geist, von Herzen gern annehmen und nicht nur heil sind, sondern bewußt heilig leben.

Es ist der Wille Gottes, sein einziger, daß wir mit der Sicherheit, nicht widerlegt werden zu können, im Heiligen Geist leben und aus ihm heraus Welt Welt sein lassen, indem wir uns auf ihn als den Herrn der Welt einlassen. So brauchen wir uns von der Welt nicht unnötig ängstigen oder gar erpressen zu lassen. Wir laufen nicht Gefahr, in guten Tagen Welt mit Gott zu verwechseln und in schlechten Tagen an ihr zu verzweifeln.

Es ist der Wille Gottes, sein einziger, daß wir im Heiligen Geist leben und niemanden unseren Herrn nennen außer den Herrn, der in Wahrheit unser Herr ist, der uns seine unüberbietbare Freiheit schenkt (vgl. 1 Kor 12,3b), die anderen ebenfalls aus der Versklavung an die Welt herauszuführen, damit aus Menschen Christen werden, freie Menschen …

Wie unter uns Menschen Liebe erkannt werden will, will Gottes unendliche Liebe zu uns endlichen Menschen ebenfalls nichts anderes als erkannt werden. Im Erkennen dieser unbegrenzten Güte Gottes erkennt der Mensch die Ohnmacht all seiner Angst. Er erkennt, über jedem Problem zu stehen, auferstanden zu sein seit seiner Zeugung und Geburt. Der Mensch erkennt im Hören auf das Evangelium, wer er ist.

Gott bedarf der Christen, die dieses sein Wort schon gehört haben, um es anderen Menschen aufzudecken und bekannt zu machen. Denn es kann nur vom Hören in dieser begrenzten Welt den Menschen bekannt werden, daß wir unbegrenzt geliebt sind. Gott bedarf der Christen, der Menschen, die sein Wort kennen und lieben, damit sein Wort bei den übrigen Menschen ankommt, das als einziges Wort in der Welt auch nur geglaubt werden kann (vgl. Röm 10,17).

Christen sind derselben Wehrlosigkeit wie Christus, ihr Herr. Er kommt nur im Hören zur Erscheinung und kann nur geglaubt werden. Im Christentum gilt: Botschaft gleich Bote. Jeder Christ, anonym auch jeder Mensch, ist ein anderer (nach kirchlicher Lehre »alter«) Christus, dem Jesus, als Christus, Erstgeborener der Schöpfung, »lediglich« voraus hat, ohne Sünde zu sein (Chalkedon 451). Alle Befreiung aus der Sünde geht von ihm aus.

Die Wehrlosigkeit in den Augen der Welt ist die denkbar größte Stärke in den Augen Gottes. »Nichts vermag uns zu trennen von der Liebe Gottes« (Röm 8,38f). »Alles ist euer, ihr aber seid Christi« (vgl. 1 Kor 3,22f).

Im Bemühen, in allem zuerst das Reich Gottes zu suchen, bekannt zu machen zu suchen, steht der Christ nicht mit dem Rücken zur Wand, sondern – Botschaft gleich Bote – in der Freiheit Christi. »Der Christ steht frei ohne irgendwelche Rückendeckung vor Gott und vor der Welt, auf ihm allein ruht die ganze Verantwortung dafür, wie er mit dem Geschenk der Freiheit umgeht« (Dietrich Bonhoeffer), und die ist ihm gegeben, einzig um Gottes willen, d. h. der Menschen wegen, Gottes unüberbietbare Zuwendung dem Nächsten aufzudecken.

Im Blick auf die Menschwerdung Gottes im Nächsten und die Menschwerdung Gottes im Mitmenschen ist die Verkündigung Gottes unendlich bewahrender Sorge um jeden Gottes Tun, eine Tat, die allein vor Gott zählt: Der Menschwerdung entspricht, daß das Wort nur vom Hören in mitmenschlichem Wort beim Nächsten ankommen kann. Der Menschwerdung Gottes entspricht, daß es wie die unendliche Liebe Gottes nur geglaubt werden kann (vgl. Röm 10,17). Wir kennen den Unterschied zwischen einem Symbol und einem Realsymbol, das enthält, was es bezeichnet, ohne daß sich das, was bezeichnet wird und enthalten ist, darauf beschränkt, im Realsymbol enthalten zu sein. – Das Wort der sachgemäßen Verkündigung ist Realsymbol: Das Wort bezeichnet die grenzenlose Güte Gottes und enthält sie auch, und drittens beschränkt sich Gottes grenzenloses Güte auf die Minuten messende Verkündigung nicht.

Der Hörer entdeckt sich als der, der er im Grunde ist, und der er je immer schon war. Der Hörer entdeckt sich als vom Heiligen Geist durchdrungen, indem er nunmehr aber auch sagen kann »Herr ist Jesus Christus« (1 Kor 12,3b), der mich über alles stellt, was mich meiner Freiheit berauben will.

Der Hörer entdeckt sich als wehrlos, als einen, den die Liebe Christi drängt (vgl. 2 Kor 5,14), der nichts mehr will, als in allem das Reich Gottes zu suchen (vgl. Mt 6,33), bekannt zu machen zu suchen, und dabei immer wieder – ein Gesetz, das Jesus offenlegte – auf unbegründete Ablehnung stößt, das Kreuz in Form von Hohn und Spott, wenn nicht schlimmer. – Es gibt keine Gnade ohne Kreuz.



Pfingstsonntag
Apg 2,1-11; 1 Kor 12,3b-7.12-13; Joh 20,19-23