Pfingsten: »Ich bleibe …!«

Joh 6, 47b Wer an mich glaubt, hat das ewige Leben.

Am vergangenen Donnerstag konnte man hier und in der Umgebung auf einer einzigen Seite der Zeitung zwei einander völlig widersprechende Behauptungen lesen. Die eine stellten Menschen auf: "hat ihr tapfer durchlebtes Dasein beendet", die andere geht auf Jesus Christus zurück, den Sohn Gottes: "hat das ewige Leben, sein Leben ist gewandelt, nicht genommen". Wir möchten uns jetzt mit der Behauptung Gottes befassen.

Als ich vor einigen Wochen unserem Vater sagte und genau erläuterte - die Mutter war dabei -, daß er Krebs habe, unheilbar Krebs, und daß er hier unter uns wohl nicht mehr lange würde sprechen und laufen können, da weinte er nach einiger Zeit. Dann aber sagte er - und ich verbürge mich dafür, daß ich wörtliche zitiere! - "Das macht nichts, ich bleibe in der Liebe des Vaters zum Sohn!" Da habe ich geweint.

Wenn das sein Resümee war - nach der Mitteilung, daß er sterbenskrank ist, dann enthielt diese seine Zusammenfassung alles, was sein Sohn dem alten Lehrer je beibringen konnte. Jesus hat ihm mehr nicht sagen können, das aber hat er ihm gesagt: "Ich bleibe in der Liebe des Vaters"! -

Was heißt das? Wir sind uns einig: zu sehen gibt es da nichts! Wie kann man so sprechen? Welchen Hintergrund hat die Aussage? Oder ist sie eine gutgemeinte Illusion?

"Eine junge Mutter nahm ihrem kleinen zweijährigen Jungen zum erstenmal mit auf eine Reise, um die Großmutter zu ihrem Geburtstag zu besuchen. Die beiden Erwachsenen waren seit je ein Herz und eine Seele gewesen. Die junge Frau und ihr Kind mit einem großen Blumenstrauß kommen schließlich zur Wohnung der Großmutter. sie setzt den Jungen mit dem Blumenstrauß vor die Tür, klingelt und versteckt sich hinter einem Mauervorsprung. Als die Großmutter öffnet, sitzt vor ihr der kleine Kerl, der noch nicht einmal richtig sprechen kann. Er überreicht ihr mit einem "Da!" den Blumenstrauß. "Da!", d. h.: "Der ist für Dich!" Für die Großmutter war diese Begebenheit Grund einzigartiger Freude, denn sie sah darin einen neuen Ausdruck der Liebe und des Verstehens, das zwischen ihr und ihrer Tochter schon immer bestanden hatte." (Prof. Dr. Peter Knauer SJ. Frankfurt) In dieser Begebenheit können wir ein Gleichnis für unser Verhältnis zu Gott sehen.

Dieses Verhältnis ist Pfingsten, das "Kommen" des Heiligen Geistes, des Vaters unbedingte Liebe zum Sohn, in die wir von unserem Anfang an hineingenommen sind. Es ist ein und derselbe Heilige Geist in Jesus wie in uns!

Wir sind in unserer eingene Endlichkeit hineingenommen in das ewige Gegenüber Gottes, des Vaters, zu seinem Sohn Jesus Christus. Im Gleichnis bleibt das Kind, für sich allein betrachtet, so hilflos wie zuvor: es kann noch nicht einmal richtig sprechen. dennoch hat sein eigenes, geringfügiges Tun eine Bedeutung, die ihm nicht aus sich zukommt, sondern aus seinem Hineingenommensein in das Gegenüber der beiden Großen. Daß wir in unserer eigenen Endlichkeit von Gott unendlich geliebt sind, hebt nicht unsere eigene Endlichkeit auf, sondern besagt nur, daß diese Endlichkeit nicht das letzte Wort über uns ist.

Unser Vater kennt die Geschichte von dem kleinen Kerl in der Liebe zwischen der Mutter und der Großmutter . Und er hat herzhaft gelacht, als er sie das erstemal hörte: die Theologen wage es, für Gott Vater Großmutter zu sagen, Mutter hinter Mauervorsprung Christus sein zu lassen und die ganze Welt, die ganze Schöpfung Gottes in einem kleinen Dreikäsehoch verkörpert sein zu lassen. So hatte unser Vater seinen Satz verstanden: "Das macht nichts, ich bleibe in der Lieb des Vaters!" In dieser Liebe der Großmutter zu ihrer Tochter, der Mutter des Jungen, kann diesem kleinen Kerl so gut wie nichts passieren! In dieser unendlichen Liebe des Schöpfers zu Christus kann einem jeden von uns nichts, [letzten Endes] aber auch gar nichts passieren!

Das ist das gesamte Evangelium Jesu Christi. Wer das glaubt, sich gesagt sein läßt und versucht, dem zuzustimmen, der hat das ewige Leben, der ist im Himmel.

Die Worte: In den Himmel kommen, sind Geschwätz derer, die keine Ahnung haben.

Die Zustimmung des Menschen zu diesem einzigen Wort Jesu Christi muß nicht in Aufsehen erregenden Taten bestehen! Dazu war unser Vater zumindest in den letzten vier Stunden, in denen ich dabei war, auch gar nicht fähig. Es genügt, wenn man auch in allen Widrigkeiten wie Nichtmehrlaufen-Können, Kaumnochsprechen-Können usw. es für unumstößlich vernünftig hält zu sagen: Nicht mein Wille geschehe, sondern der Deine! Es genügt, wenn man seine Hände faltet und man eine Hand zwingt, das Kreuzzeichen zu machen. Gehorsamer dem Wort Jesu Christi gegenüber kann man gar nicht sein, als wenn man überzeugt bekennt:

Im Namen (nicht bloß im Auftrag!!) des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Wenn wir diesen Gottesdienst beendet haben werden und wenn wir - Sie sind alle herzlich eingeladen - draußen den Bus zum Stadtfriedhof besteigen, können wir natürlich nicht ständig das Kreuzzeichen machen. Aber jeder kann an seinem Platz versuchen, aus diesem Wort Jesu heraus über seiner gänzlich unbegründeten Angst zu leben. Und so mehr Menschlichkeit zu ermöglichen. Allen Widerständen und selbst Hohn und Spott "zum Trotz". (Nicht exakt formuliert, denn nicht der Glaube "trotzt", sondern unsere Not und unsere Probleme trotzen so albern, weil völlig aussichtslos, - so dämlich albern sie nur können...)

So ist wohl zu verstehen, was mir einer meiner besten Freunde schrieb: "Lieber Benno! Was soll ich Dir sagen? Um ihretwillen, um deines Vaters und meines Vaters willen und vieler anderer, laß uns tun, was jene nicht mehr tun können: Laß uns leben, da sie "tot" sind, für sie mit. Und das bedeutet ja wohl auch, Christus und sie mit Ihm in uns auferstehen lassen ..."

Die Beerdigungspredigt aus dem Januar im Jahr 1980, war eine zu Pfingsten! ... Das können Sie in jeder Predigt finden, die den Namen Predigt verdient...Eine Predigt zum Namenstag unterscheidet sich theologisch in nichts, aber auch gar nichts, von einer zu Weihnachten, zur Priesterweihe oder zur Goldenen Hochzeit:

Gott will, dass wir in allen Dingen und immer wieder zuerst suchen, das Himmelreich, seine unendliche Liebe zu uns, bekanntzumachen!