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Blankenese,
21. Juni 1999


Lieber Benno,

gerade war ich nach langer Zeit endlich wieder mal im Internet auf deiner Homepage. Wow, was für Farben und bei all dem Digitalmüll im Internet die einzig wirkliche lohnenswerte Seite (du weißt, wie ich das meine!). Ja zu allererst einmal: entschuldige bitte, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, zumal ich dir nicht sagen kann, wie sehr ich mich über deine Namenstagspost gefreut habe! Umso mehr war ich geschockt, dass du wieder ins Krankenhaus musstest. Ich hoffe, dir geht es nicht allzu übel, du kannst sicher sein, dass meine Gedanken bei dir sind und ich an dich denke. Ich denke sowieso sehr oft an dich, nur da ich mich nicht aufraffen konnte, endlich mal zu schreiben oder mich anderweitig zu melden, bekommst du von meinen Gedanken ja nichts mit. Nochmals liebe Grüße an dich und gute Besserung.

Ich werde über Fr. Böhmer-Maus die 14 (?) (müssten es nicht 7! sein?!) Predigten »anfordern« [in dieser Homepage: privat / broschur] und freue mich auf das Heft (mehr auf den Inhalt, als auf das Heft).

Ja - und nun vielleicht zu mir und einigen sehr schönen Begebenheiten der letzten Zeit. Ich durfte die grenzenlose Liebe Gottes zu den Menschen weitersagen !!!!!!!!!!!!! (Die Liebe Gottes zu seinem Sohn, in die wir Menschen aufgenommen sind, unüberbietbare Gemeinschaft!!!!!). Zuerst im Schwarzwald, wo ich geboren wurde und aufgewachsen bin, einer Freundin meiner Eltern.

An Ostern bin ich dann mit meiner Mutter spazieren gegangen, und plötzlich fing sie an, mir ihre Verständnisprobleme, was den christlichen Glauben angeht, zu schildern. Und da durfte ich ihr diese Liebe Gottes weitersagen. Es war fantastisch, auch wenn es mich schockiert hat, dass sie mit 60 Jahren diese Botschaft zum ersten mal so gehört hat. Angstfrei, auferstanden - im Himmel!

Sie hatte und hat noch viele Fragen, ich werde ihr den ›weißen‹ Knauer »Unseren Glauben verstehen« zuschicken und hoffe, dass sie ihn liest. Ihre Frage war immer: »Woher weißt du das alles?« Und die Antwort: von Dir, Benno - danke ! (der Glaube kommt vom Hören). Das war wirklich Ostern!

Und ich habe gemerkt, wie meine Geschwister und ich in der Hinsicht erzogen wurden. Auswendig daherplappern ohne den Sinn wirklich zu verstehen und die Dinge nicht ausdrücklich erklärt, bzw. gesagt zu bekommen (Sakrament, Liebe etc.). - Das soll kein Vorwurf sein, sondern lediglich eine Feststellung. Ich denke, dass sich das auch heute noch bei den meisten beibehalten hat.

Letzten Freitag hatten wir Besuch von einem guten Freund, und es ergab sich eine Diskussion, in deren Verlauf ich Thomas auch Gottes unüberbietbare Liebe weitersagen durfte. Ja, das waren die schönsten Begebenheiten der letzten Zeit.

Ich weiß nicht, wie oft dir die Ohren klingeln müssten, da ich wirklich oft an dich denken muss (nicht muss, sondern auch will) und wie es dir geht. Ich war mit Klaus bei der Konfirmation seines Paten›kindes‹ in der Nähe von Hildesheim dabei. Es war die erste Konfirmation, die ich erlebte, und ich war sehr angetan. Ich weiß nicht, wie oft der Pfarrer gesagt hat, dass die Menschen von Gott in die grenzenlose Liebe zu seinem Sohn aufgenommen, also längst im Himmel sind. Er hat es auf mehrere verschiedene Arten gesagt. Leider, als es dann zur ›Predigt‹ kam, kam eine ›Ansprache‹ (Menschenweisheit über Martin Luther King) und keine Predigt im ursprünglichen Sinne. Aber der Gottesdienst hat mir ungeheuer gut gefallen.

Und ich war echt platt, was die Konfirmanden alles wissen sollten. Ja, ansonsten gibt es von hier aus nicht allzuviel neues zu berichten. Alles dümpelt vor sich hin, uns geht’s gut. Wir sind schockiert über die Vorgänge im Kosovo. Es ist anscheinend den Menschen nicht möglich, aus Fehlern zu lernen, lauter Ver-rückte. Und was bekommt man/frau auf unseren Straßen davon mit? Business as usual, bloß keine Unterbrechung unserer Konsumfreizeit, Grabesruhe.

Wir machen auch weiterhin unsere Aids›arbeit‹. Mein ›Pflegling‹ ist Anfang des Jahres, 34jährig, gestorben. Es war phantastisch von seiner Familie, dass sie es möglich gemacht hat, dass er zu Hause sterben konnte, und ich war sehr glücklich darüber, dass ich in dem Moment des Sterbens dabei sein durfte, auch wenn es sehr schwer war.

Die letzte Zeit war sehr hart, vieles hat mich an meine damalige Situation mit Günther erinnert, viele Dinge sind hochgeschwappt, und ich habe dann erst mal etwas kürzer getreten.

Demnächst werde ich meinen neuen ›Pflegling‹ kennenlernen. Ihm geht es gesundheitlich aber, denke ich, besser. Seit 4 Jahren arbeite ich nun schon in der Aidsberatungsstelle mit, und die Problematik hat sich sehr geändert.

Die finanziellen Dinge, wie Rente, Sozialhilfe, Erbschaft etc. stehen nun viel mehr im Mittelpunkt, als noch vor 4 Jahren, als eher die medizinischen Belange im Mittelpunkt standen. Das soll jetzt nicht heißen, dass die medizinischen Aspekte nicht mehr wichtig sind, ganz im Gegenteil, aber die soziale Not, angefangen von Vereinsamung bis zur Unfähigkeit, Rechnungen und laufende Kosten zu bezahlen, Geld das hinten und vorne nicht reicht, ist enorm.

Es ist eine Sisyphos - Arbeit. Wobei das Wort ›Arbeit‹ nicht genau treffend ist, es hat auch vieles mit Freundschaft oder Zuneigung zu tun. So, das war’s von mir in aller Kürze. Ich hoffe, du bist auf dem Weg der Besserung, oder dir geht es zumindest einigermaßen. Die besten Wünsche und Gedanken an dich !!!!!!! Lass es dir wenigstens einigermaßen gut gehen.

Liebe Grüße Dein ...